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Internationaler Tag des Baumes 2019

Flatterulme – eine Überlebenskünstlerin im Fokus der Forschung

Als die Baum des Jahres - Dr. Silvius Wodarz Stiftung (BdJ) die Flatterulme zu ihrem 31. Jahresbaum erklärte, entschied sie sich für eine arg gebeutelte aber auch widerstandsfähige Kandidatin: Von besonderen Lebensräumen abhängig, wurde sie durch Landschaftsveränderungen stark zurückgedrängt. Doch selbst dem Ulmensterben trotzte die Überlebenskünstlerin. Nun droht ihr neues Ungemach: Die Ulmenvergilbung, die in Nordamerika schon größere Ulmenbestände dezimiert hat. In einem von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) koordinierten Forschungsprojekt sind Wissenschaftler des Thünen-Instituts für Forstgenetik dem Krankheitserreger auf der Spur. Und den besonders widerstandsfähigen Exemplaren der Flatterulme.

500 Jahre soll sie alt sein. Stolze zehn Meter misst ihr Stammumfang. Dieses würdige Exemplar des Baums des Jahres 2019, der Flatterulme (Ulmus laevis PALL.), steht in Brandenburg. Doch in diesem Bundesland befindet sich leider auch einer der Verbreitungsschwerpunkte einer hierzulande neuen Ulmenkrankheit, der sogenannten Ulmenvergilbung. Den Erreger dieser Krankheit, ein durch Insekten übertragbares Bakterium namens Candidatus Phytoplasma ulmi, sollten eigentlich Quarantänebestimmungen fernhalten. Doch Untersuchungen des Thünen-Instituts für Forstgenetik ergaben nun, dass bereits rund die Hälfte aller Flatterulmen befallen ist.

Dabei zählt die Flatterulme schon von Natur aus zu den seltenen heimischen Waldbaumarten, weil sie ein typischer Vertreter wärmerer Tieflagen ist. Als vergleichsweise konkurrenzschwache Baumart entwickelt sie kaum flächige Bestände oder größere Mischungsanteile. Hauptsächlich findet man sie auf nassen Standorten an Seeufern und in Hartholzauen. Hier profitiert sie davon, dass sie eine hohe Überflutungstoleranz von bis zu vier Monaten im Sommer hat. Und: als einzige europäische Baumart bildet sie Brettwurzeln aus, die ihre Standfestigkeit auf nassen Böden erhöhen und zugleich eine bessere Wurzelatmung bei Hochwasser bewirken. Die enge Bindung an heute zunehmend seltenere Nass- und Auenstandorte trug zu ihrer Seltenheit bei.

Neben den großflächigen Landschaftsentwässerungen machte der Flatterulme und ihren beiden Schwestern, der Bergulme und der Feldulme, das seit dem Ersten Weltkrieg in Deutschland auftretende und von einem ostasiatischen Schlauchpilz verursachte Ulmensterben sehr zu schaffen. Hierunter leidet die Flatterulme jedoch deutlich weniger, da sie aufgrund besonderer Rindenmerkmale unattraktiver ist für den Infektionsträger – den Ulmensplintkäfer – und daher seltener angeflogen wird.

Die Ulmenvergilbung hat vor allem in Nordamerika seit den 1980er Jahren zur massiven Vergilbung und schließlich zum Absterben größerer Ulmenbestände geführt. Symptome dieser Erkrankung sind Hexenbesenbildung, Triebstauchung, Vergilbung der Blätter und Nekrosen. Nachdem das Auftreten der Ulmengilbe in Deutschland bisher nur vereinzelt dokumentiert wurde, untersuchen seit 2017 Wissenschaftler des Thünen-Instituts im brandenburgischen Waldsieversdorf in einem von der FNR koordinierten Projekt, wie verbreitet der Erreger der Ulmengilbe bei den Ulmenarten hierzulande ist. Der Nachweis des Pathogens erfolgt dabei mittels molekulargenetischer Untersuchungsmethoden.

Bisher wurden Proben von 1429 Flatterulmen von Standorten in ganz Deutschland untersucht. Dabei konnte der Erreger in 607 Bäumen nachgewiesen werden. Die Forscher konnten an diesen Bäumen bisher noch keine typischen Schadsymptome feststellen. Doch auch wenn der Erreger bei uns noch zu keinen stärkeren Schädigungen bei der Flatterulme geführt hat, so zeigen diese ersten Ergebnisse, dass der Erreger weiter in Deutschland verbreitet ist als bisher angenommen. Er stellt somit eine potenzielle Gefahr für die heimischen Ulmenarten dar. Das Forschungsprojekt liefert die dringend benötigte wissenschaftliche Datengrundlage für eine Einschätzung der Befallssituation und für weitere Maßnahmen zur Risikominimierung. Und es soll die krankheitsresistenten Bäume identifizieren - die Überlebenskünstlerinnen, die als Garant für einen Fortbestand dieser Baumart dienen.

Hintergrund:
Der internationale Tag des Baumes geht auf den amerikanischen Journalisten Julius Sterling Morton zurück, der bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert per Resolution die Regierung von Nebraska aufforderte, einen „Tag des Baumes“ auszurufen. Per Gesetz wurde daraufhin ab 1885 der 25. April zum „Tag des Baumes“ erklärt und jährlich Millionen neuer Bäume gepflanzt. In Deutschland wurde dieser symbolhafte Tag erstmals am 25. April 1952 begangen, als der Bundespräsident Theodor Heuss und der Präsident der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Bundesminister Robert Lehr, einen Ahorn im Bonner Hofgarten pflanzten. Seither gibt es an diesem Datum in vielen Städten und Gemeinden öffentliche Feierstunden, in deren Mittelpunkt die feierliche Pflanzung von Bäumen steht. Damit soll auf die Bedeutung des Waldes für Mensch, Umwelt und Wirtschaft hingewiesen werden. Mittlerweile entwickelte sich so eine der größten Mitmachaktionen im Naturschutz, mit der ein deutliches Zeichen für den Wald und die Zukunft gesetzt werden soll. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unterstützt den Internationalen Tag des Baumes. Die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, ist Schirmherr für den Baum des Jahres 2019, die Flatterulme.

Das Thünen-Institut wurde 2008 als Bundesforschungsinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aus drei Vorgängereinrichtungen gegründet. Sein Hauptsitz ist Braunschweig. Das Thünen-Institut gliedert sich in 14 Fachinstitute. Das Institut für Forstgenetik im brandenburgischen Waldsieversdorf behandelt die Arbeitsbereiche Herkunfts- und Züchtungsforschen sowie Resistenz- und Saatgutforschung und befasst sich mit ökologischer Genetik und Genomforschung. Das Forschungsprojekt „Auftreten und Verbreitung des Quarantäneerregers Candidatus Phytoplasma ulmi in den Ulmenarten Deutschlands“ ist auch im Projektverzeichnis der FNR zu finden

Das KIWUH ist eine Abteilung der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe. Die FNR ist seit 25 Jahren als Projektträger des BMEL für das Förderprogramm Nachwachsende Rohstoffe aktiv. Sie unterstützt Forschungsthemen in den Bereichen nachhaltige Forstwirtschaft und innovative Holzverwendung und ist seit 2016 mit der Umsetzung der Deutschen Waldtage sowie der Charta für Holz 2.0 betraut. Zum Aufgabenfeld zählt seit 2019 auch die Verwaltung des Waldklimafonds, Programmbestandteil des Sondervermögens Energie- und Klimafonds des Deutschen Bundestages unter gemeinsamer Federführung des Bundeslandwirtschafts- (BMEL) und des Bundesumweltministeriums (BMU). FNR und KIWUH leisten zudem Fachinformationen und Öffentlichkeitsarbeit.

Pressekontakt:
Kompetenz und Informationszentrum Wald und Holz
bei der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Jürgen Heup
Tel.: +49 3843 6930-315
Mail: j.heup(bei)kiwuh.fnr.de

PM KIWUH 2019-10

Ein widerstandsfähiges Exemplar, die Flatterulme in Gülitz/Brandenburg. Ihr Alter wird auf 500 Jahre geschätzt. Quelle: BDJ 2019/ A.Gomolka
Ein widerstandsfähiges Exemplar, die Flatterulme in Gülitz/Brandenburg. Ihr Alter wird auf 500 Jahre geschätzt. Quelle: BDJ 2019/ A.Gomolka
Die Flatterulme ist eine überflutungstolerante Baumart. Quelle: BDJ 2019/ A. Roloff
Die Flatterulme ist eine überflutungstolerante Baumart. Quelle: BDJ 2019/ A. Roloff