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Gutachten zur Anpassung von Wäldern und Waldwirtschaft an den Klimawandel

Wissenschaftlicher Beirat für Waldpolitik gibt 13 Empfehlungen für politische Entscheidungsträger

Der Umbau zu anpassungsfähigen Mischwäldern nahm in Deutschland vor mehr als drei Jahrzehnten seinen Anfang. Seit Witterungsextreme und Schädlingsbefall drastischen Ausmaßes sich häufen, ist die Anpassung von Wäldern und Waldbewirtschaftung an den Klimawandel die vordringliche Aufgabe der Waldpolitik in der Bundesrepublik. Der Wissenschaftliche Beirat für Waldpolitik (WBW) des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gibt in seinem jüngsten Gutachten 13 Handlungsempfehlungen, um den Fortbestand des Ökosystems Wald und seiner vielfältigen Leistungen für die Gesellschaft langfristig zu sichern.

Das 150 Seiten starke Papier mit dem Titel „Die Anpassung von Wäldern und Waldwirtschaft an den Klimawandel“ gibt in 13 Bereichen der Waldbewirtschaftung und -nutzung konkrete Handlungsempfehlungen an das Bundesministerium und andere waldpolitische Entscheidungsträger. Die Beiratsmitglieder sprechen sich darin für eine „aktive Steuerung“ der Anpassungsprozesse aus.
Die Umsetzung ihrer Empfehlungen soll zu resilienten und anpassungsfähigen Wäldern führen und die Leistungsfähigkeit der Forstbetriebe und beteiligten Institutionen stärken, um die Leistungen des Ökosystems Wald für die Gesellschaft dauerhaft zu sichern.

Kernthesen des Gutachtens

Neben Mischbeständen mit standorttauglichen, genetisch diversen Baumarten und Risikoreduktion durch Vielfalt in der Landschaft, den Waldbeständen und der Waldstruktur zur Entwicklung anpassungsfähiger Wälder sieht der Beirat einen Schwerpunkt in der Erhöhung der Biodiversität. Mit Verbindungen und Austauschmöglichkeiten zwischen Habitaten und Biotopen innerhalb der Wälder sowie zwischen Wäldern und Waldfragmenten müssen Möglichkeiten für die Ausbreitung von Arten geschaffen und gegebenenfalls ihre Wieder- und Neuansiedelung unterstützt werden.

Zum Schutz des Bodens und zur Verbesserung der Wasserspeicherung solle u. a. Bodenverdichtung bei der Holzernte vermindert und organische Bodensubstanz durch Belassen von Schlagabraum und Totholz angereichert werden. 

Der Beirat empfiehlt außerdem die Förderung der nachhaltigen Holzverwendung durch Anreizsysteme, etwa einen CO2-Bonus für die Kohlenstoffspeicherung beim Bauen mit Holz und für recyclinggerechte Holzkonstruktionen. Primäres Ziel sei die effiziente und langfristige stoffliche Nutzung von Holz vor der finalen thermischen Nutzung. Den Holzbau sehen die Wissenschaftler als derzeit einzige anwendungsreife Technologie, um Kohlenstoff in nennenswertem Umfang außerhalb des Ökosystems zu speichern. Den risikoarmen Anbau klimaangepasster Nadelholzbaumarten, neue Verwendungsoptionen für Alternativbaumarten und die stoffliche Nutzung von Laubholz und Kalamitätsholz sieht der Beirat neben der Generierung von Gebraucht- und Altholz zur Rohstoffgewinnung als wichtige Maßnahmen zur Anpassung der Wertschöpfungsketten an ein verändertes Holzangebot. 

Statt einer Honorierung individueller Ökosystemleistungen wie beispielsweise des Klimaschutzes empfiehlt der Beirat die Honorierung eines resilienten und anpassungsfähigen Waldzustandes – er ist Grundvoraussetzung für die Bereitstellung aller Ökosystemleistungen – durch regelmäßige Zahlungen an Waldbesitzer. Zur Erfassung dieses Zustandes bedarf es noch der Entwicklung allgemein akzeptierter, wissenschaftlicher Kriterien. 

Um die Aussagekraft des Waldmonitorings zu stärken und zu einem transparenten Instrument der Risikoanalyse weiterzuentwickeln, sollen flächenbezogene Aussagen ermöglicht, die Vernetzung möglichst vieler Elemente des forstlichen Monitorings gewährleistet und die Bereitstellung von Informationen z. B. infolge von Waldschäden beschleunigt werden.

Weiterhin empfiehlt der wissenschaftliche Beirat, die Forschungskapazitäten neu auszurichten und besser zu vernetzen. Dazu gehören die Förderung langfristiger Forschungsvorhaben, koordinierte Experimente und Modellentwicklungen über Bundesländer und Einrichtungen hinweg sowie ein besserer Austausch von Daten und deren gemeinsame Analyse. Der rasch voranschreitende Klimawandel erfordere Forschungsansätze, die auf eine schnelle Umsetzung der Ergebnisse in die Praxis ausgelegt sind, so die Gutachter.

Zudem spricht sich der Beirat für Änderungen in der Aus- und Weiterbildung und in den Kommunikationsstrategien sowie für die Beseitigung von Anpassungshemmnissen und -konflikten in diesen Bereichen aus, um den umfassenden Transformationsprozess zu befördern.

13 Handlungsempfehlungen im Überblick

  1. Resiliente und anpassungsfähige Wälder erhalten und entwickeln
  2. Waldschutz gegenüber biotischen Risiken verbessern
  3. Risikomanagement zum Umgang mit Extremereignissen verbessern
  4. Biodiversität sichern und erhöhen
  5. Boden und Wasser schützen
  6. Nachhaltige Holzverwendung fördern
  7. Wälder als Orte für Erholung, Sport du Tourismus entwickeln
  8. Ökosystemleistungen honorieren
  9. Monitoring optimieren
  10. Institutionelle Strukturen anpassen
  11. Strategien der Klimawandelanpassung von Wäldern kommunizieren
  12. Ausbildung und lebenslanges Lernen neu aufstellen
  13. Forschungskapazitäten stärken, besser vernetzen und neu ausrichten

Wissenschaftlicher Waldbeirat

Der Wissenschaftliche Beirat für Waldpolitik (WBW) berät und unterstützt die Bundesregierung bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder. Der Beirat agiert unabhängig und ist mit Vertretern verschiedener wissenschaftlicher Fachdisziplinen besetzt, die die Breite der gesellschaftlichen Anforderungen an den Wald widerspiegeln. Der Beirat prüft die Ziele und Grundsätze der nationalen und internationalen Waldpolitik. Er unterbreitet Vorschläge für die Weiterentwicklung der waldpolitischen Rahmenbedingungen und der Instrumente zur Umsetzung der Waldstrategie 2020 der Bundesregierung. Darüber hinaus bemüht er sich um einen Ausgleich zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Ansprüchen an den Wald und fördert den wissenschaftlichen Diskurs über eine nachhaltige, multifunktionale Bewirtschaftung der Wälder.


Weiterführende Information:

Das Gutachten des wissenschaftlichen Beirates Waldpolitik „Die Anpassung von Wäldern und Waldwirtschaft an den Klimawandel“ vom Oktober 2021 ist hier zum Download verfügbar:
https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ministerium/Beiraete/waldpolitik/gutachten-wbw-anpassung-klimawandel.html;jsessionid=92CE216FEB54578CF9D109522E02D39C.live842 

Die öffentliche Vorstellung des Gutachtens im Februar 2022 kann hier nachverfolgt werden:
https://www.youtube.com/watch?v=5vSYSY8N8XA

Die Kernaussagen des Gutachtens werden von den Mitgliedern des Beirats zudem in kurzen Videos vorgestellt: 
https://www.youtube.com/channel/UCwgr0v-8zj738mIg2N6fEjQ  

 

 

Pressekontakt:

Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Martina Plothe

Tel.: +49 3843 6930-311
Mail: m.plothe(bei)fnr.de

Titelseite des Gutachtens zur Anpassung von Wald und Wäldern an den Klimawandel. Quelle: BMEL/WBW
Titelseite des Gutachtens zur Anpassung von Wald und Wäldern an den Klimawandel. Quelle: BMEL/WBW